HWK Dresden - Resolution der Vollversammlung der Handwerkskammer Dresden zu Coronahilfen
Dresden, 04. Juni 2025 - Rechtssichere und sozial gerechte Rückabwicklung der Corona-Soforthilfen sicherstellen!
Im Frühjahr 2020 sahen sich Kleinstunternehmen, Soloselbstständige und das Handwerk mit einer nie da-gewesenen Ausnahmesituation konfrontiert. Innerhalb kürzester Zeit führten behördlich angeordnete Betriebs-schließungen, Kontaktbeschränkungen und Auftragsausfälle infolge der Corona-Pandemie zu dramatischen Umsatzeinbrüchen. Der Staat griff in dieser Notsituation tief in das Wirtschaftsleben ein – aus Gründen des Gesundheitsschutzes und im Interesse der Allgemeinheit. Um die betroffenen Betriebe rasch zu stabilisieren, wurden unbürokratische Soforthilfen bereitgestellt.
Diese Hilfen waren ausdrücklich als schnelle Überbrückung in einer existenzbedrohenden Lage gedacht – nicht als klassisches Subventionsprogramm mit umfangreichen Nachweispflichten und der Möglichkeit späterer Rückforderungen. Dies ist auch heute noch auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie so dokumentiert. Heute jedoch sehen sich viele Empfängerinnen und Empfänger der Corona-Soforthilfen mit Rückforderungsbescheiden konfrontiert, die häufig auf nachträglich geänderten Auslegungen oder unklaren Förderbedingungen beruhen. Besonders betroffen sind Betriebe des Handwerks, wie Friseur- oder Kosmetikstudios, die über Monate hinweg keine Einnahmen erzielen konnten, gleichzeitig aber laufende Kosten zu tragen hatten. Unabhängig vom Alter geraten viele dieser Unternehmerinnen und Unternehmer nun in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bis hin zur Existenzgefährdung – sei es zu Beginn ihrer Selbstständigkeit ohne ausreichende Rücklagen oder im fortgeschrittenen Berufsleben, wenn kaum noch Spielraum zur Absicherung besteht.
Bereits 2020 hatte das Handwerk gefordert, bei der Förderung einen angemessenen Unternehmerlohn zu berücksichtigen. Während Angestellte über das Kurzarbeitergeld abgesichert waren, blieben die Selbst-ständigen außen vor. Besonders kritisch ist dabei, dass eine entsprechende Unterstützung in der Krisen-kommunikation mehrfach in Aussicht gestellt, letztlich aber nicht umgesetzt wurde.
Rückblickend ist festzustellen, dass das Verfahren zur Antragstellung unter erheblichem Zeitdruck, mit uneinheitlicher Beratung und teils widersprüchlichen Vorgaben ablief. Die Umsetzung der einheitlichen Bun-desvorgaben verlief von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich – was zur Verärgerung und zu einem tiefen Vertrauensverlust bei den Betroffenen führte. Mehrere Gerichte – darunter das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – äußerten erhebliche rechtliche Zweifel an der Rückforderungs-Praxis. Der Vertrauensschutz wurde in zahlreichen Fällen verletzt.
Die Vollversammlung der Handwerkskammer Dresden fordert daher die politischen Entscheidungsträger im Freistaat Sachsen auf, der wirtschaftlichen Realität vieler Soloselbstständiger und Kleinstbetriebe Rechnung zu tragen und sozial gerechte sowie rechtssichere Lösungen zu schaffen.
Forderungen der Vollversammlung der Handwerkskammer Dresden
- Staatliche Verantwortung für Pandemiefolgen anerkennen
Die massiven Eingriffe in wirtschaftliche Freiheitsrechte während der Pandemie – von Geschäftsschließungen bis hin zu Tätigkeitsverboten – waren notwendig, aber sie verpflichten den Staat auch zur solidarischen Mitverantwortung für die daraus entstandenen wirtschaftlichen Schäden. Rückforderungen dürfen nicht zu einer einseitigen Belastung der Betroffenen führen. Vertrauen in staatliches Handeln entsteht nur durch nachvollziehbare, gerechte und pragmatische Entscheidungen. - Unternehmerlohn als förderfähige Ausgabe anerkennen
Die Lebenshaltungskosten der Selbstständigen sind ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer wirtschaftlichen Existenz. Der Freistaat Sachsen muss – wie andere Bundesländer (z. B. Nordrhein-Westfalen, Bayern) – einen pauschalen Unternehmerlohn bei der Rückforderungsprüfung berücksichtigen. In Bayern konnten bei bestimmten Einkommensgrenzen Rückzahlungen vollständig erlassen werden – mit positiven Effekten für die Betroffenen. Die Nichtberücksichtigung des Unternehmerlohns widerspricht dem ursprünglichen Ziel der Soforthilfen – der Sicherung der beruflichen und persönlichen Existenz in einer Krise. - Rückforderungen aussetzen, rechtssicher bewerten und politische Klarheit schaffen
Die gegenwärtige Rückforderungspraxis führt zu großer Verunsicherung und realer Existenzgefährdung. Der Freistaat Sachsen wird aufgefordert, Rückforderungen umgehend auszusetzen und im Lichte aktueller Gerichtsentscheidungen sowie der ursprünglichen Förderziele neu zu bewerten. Es bedarf rechtssicherer und transparenter Kriterien, die dem Vertrauensschutz gerecht werden. Dazu gehören:
• Eine landesrechtliche Regelung mit klaren, verständlichen und verbindlichen Maßgaben, die sich an der Rechtsprechung orientieren.
• Die Schaffung von Stundungs-, Erlass- und Härtefallregelungen sowie die deutliche Verlängerung von Rückzahlungsfristen.
• Eine politische Entscheidung über die Einführung einer Generalamnestie für Bagatellbeträge – etwa unterhalb von 3.000 Euro – um insbesondere kleinere Betriebe zu entlasten und Vertrauen in das staatliche Krisenmanagement wiederherzustellen.
• Die Gleichbehandlung von noch offenen und bereits getätigten Rückzahlungen ist sicherzustellen. - Entscheidungsspielräume auf Landesebene nutzen
Die Rückabwicklungspraxis der Corona-Soforthilfen variiert stark zwischen den Bundesländern. Der Freistaat Sachsen sollte seine bestehenden Spielräume nutzen, um eine faire und unbürokratische Rückabwicklung im Sinne der betroffenen Unternehmen sicherzustellen. Dazu gehören die Anerkennung eines Unternehmerlohns, der Verzicht auf pauschale Rückforderungen und ein transparenter Umgang mit Bagatellbeträgen.